Spricht man in den USA von einer Mandoline, so ist die Art der Mandoline gemeint, die in Europa Bluegrass-Mandoline genannt wird. Dabei ist diese Bezeichnung historisch nicht ganz korrekt – denn der namensgebende Musikstil Bluegrass ist jünger als das Instrument selber.
Die wesentlichen Merkmale ähneln denen einer Neapolitanischen Mandoline: vier Doppelsaiten mit der Stimmung gg - d'd' - a'a' - e''e'', Griffbrett mit Bünden, angeschlagen werden die Saiten mit einem Plektrum.
Unterschiedlich ist jedoch die Bauweise: die Bluegrass-Mandoline ist eine Flachmandoline und hat – ähnlich einer Geige oder einer Gitarre – Zargen und einen flachen bis leicht gewölbten Boden. Auch ist das Klangbild anders als bei einer neapolitanischen Mandoline.
Bluegrass-Mandolinen werden zum Melodiespiel verwendet (kürzere Töne werden einzeln angeschlagen, längere tremoliert) oder auch zum akkordischen Spiel; virtuoses Spiel auf der Bluegrass-Mandoline fasst Melodie- und Akkordspiel zu Picking-Stilen zusammen.
Maßgeblich für die Entwicklung war Orville Gibson (1856 – 1918), der etwa in den 1890er-Jahren, als die Mandoline in den USA ungeheuer beliebt war, begann, Flachmandolinen zu bauen. Als Vorbild dienten ihm hier der Geigenbau und die Deutsche Mandoline. Er entwickelte zwei Grundtypen:
Den A-Typ (symmetrische Tropfenform) und den F-Typ (asymmetrische ausgebuchtete Form), auf die alle Bluegrass-Mandolinen zurückgehen. Etwa ab 1910 hatte die Bluegrass-Mandoline die neapolitanische Mandoline in den USA weitgehend verdrängt, sie wurde hauptsächlich in Mandolinenorchestern, Vaudeville-Shows und Ragtime-Bands gespielt. Nach dem ersten Weltkrieg ließ das Interesse an der Mandoline aber stark nach, sie wurde schnell vom Banjo verdrängt.
In den 1920er-Jahren entwickelten insbesondere Lloyd Loar (dem u.a. auch die Ersetzung des Schalllochs durch F-Löcher wie bei Geigen zugeschrieben wird) und Guy Hart die Bluegrass-Mandoline zu einem bis heute unerreichten Standard weiter.
Das Instrument gewann neue Popularität, als ab etwa 1935 Bill Monroe (1911 – 1996) einen neuen Stil der Country-Musik entwickelte, in dem die Mandoline einen zentralen Platz einnahm: den Bluegrass, der dem Instrument in Europa seinen Namen gab. Der große Durchbruch dieses Stil war 1945, und seitdem hat die Bluegrass-Mandoline ihren Platz nicht nur in diesem Genre. Überall wo im Jazz, Rock oder Pop eine Mandoline Verwendung findet, handelt es sich in der Regel um eine Bluegrass-Mandoline. In den USA wird heute auf Bluegrass-Mandolinen auch klassisch musiziert.